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Meditation

lateinisch meditatio: „nachdenken, nachsinnen, überlegen“, griechisch medomai; „denken, sinnen“



Meditation bezeichnet das aktive Umsetzen, die Geisteskraft zu konzentrieren. In diesem aufmerksamen Zustand kann der Geist ausgerichtet werden, beispielsweise zu konstruktiven Gefühlen. Darüber hinaus können Selbsterkenntnis und andere Einsichten ins Bewusstsein aufsteigen. Es gibt viele unterschiedliche Meditationspraktiken.

Meditation ist eine Form der spirituellen Praxis. Achtsamkeits- Konzentrations- und Visualisierungsübungen dienen verschiedenen Kulturen und Religionen, um den Geist zu beruhigen und zu fokussieren. In östlichen Kulturen gilt die Meditation als Basis für bewusstseinserweiternde Erfahrungen.


Im mittelalterlichen Christentum wurden „geistliche Übungen“ zur Sammlung des Geistes folgendermaßen bezeichnet :

meditatio (gegenstandfreie Anschauung),
lectio (aufmerksame Lesung),
oratio (Gebet)
contemplatio (gegenständliche Betrachtung, Kontemplation)
 

In den mystischen Traditionen dienten die Praktiken, den Verstand und das Denken zu beruhigen. Im Mittelalter wurden Schriften der Theresa von Avila, mit diesbezüglichen Anweisungen veröffentlicht. Im 15. und 16. Jahrhundert wurden Mystiker aufs schärfste verfolgt, und deren Veröffentlichungen von der Inquisition aufgrund der Häresie verboten. Kirchlich war die Mystik in Verruf und wurde schwer bekämpft. In den Exerzitien von Ignatius von Loyola, sowie in Schriften benediktinischer und franziskanischer Traditionen, lassen sich jedoch Hinweise der meditativen Praxis als unverzichtbar, nachschlagen.
Therapeuten setzen aktuell vermehrt Meditationspraktiken ein, um unterschiedliche Krankheiten therapeutisch zu begleiten. 
Aus neurowissenschaftlichen Studien kommen eindeutige Hinweise, die belegen:
- Regelmäßiges Meditieren beeinflusst das Gehirn nachhaltig
- Emotionskontrolle, Aufmerksamkeit, Introspektion, selbst Mitgefühl können mit geeigneten    Meditationspraktiken trainiert werden
- das Schmerzempfinden kann positiv beeinflusst werden
- bei Depressionen und Angststörungen lassen Ergebnisse vielversprechende Therapieansätze erwarten
- Meditationseffekte erhöhen die Konzentration von Neurotransmittern 
- Yoga-Übungen erhöhen im Gehirn den entspannend wirkenden Botenstoff GABA 

Gedankenkontrolle


Im Alltag ist die sensitive Wahrnehmung oft überlagert, da viele Eindrücke verarbeitet werden müssen und verschiedene Aktivitäten gleichzeitig ausgeführt werden. Emotionen wie Angst, Wut und Zorn können von Meditierende leichter als destruktive Vorgänge erkannt und gewandelt werden. Langfristig hilft Meditation, solchen schädlichen Denkmustern rechtzeitig entgegen zu wirken. Dadurch kommt es zur besseren Verarbeitung von negativen Gefühlen – auch krankhafter Ängste. Die Psychologin Britta Hölzel von der Universität Gießen teilte 26 Gesunde und 26 Angstpatienten in zwei Gruppen. Eine Gruppe besuchte einen achtwöchigen Kurs in Stressmanagement, während die andere Achtsamkeitsmeditationen praktizierte.
Durch beide Varianten  reduzierten sich die Ängste.
Bei den Meditierenden reagierte auch der Mandelkern, (ein Hirnareal das auf Angstzustände anspricht), nach der Therapie schwächer als zuvor und es stellte sich desweiteren folgendes heraus : Nervenverbindungen zwischen dem präfrontalen ventrolateralen Cortex und dem Mandelkern bildeten sich deutlicher aus. Bei den Stressmanagement-Absolventen war das nicht der Fall.
Die Verbindung zwischen präfrontalen Cortex und Mandelkern ist bei ängstlichen Personen vermindert ausgeprägt. Durch Meditation wird diese gekräftigt. Hölzel vermutet dahinter eine einzigartige Wirkungsweise: „Die Wirkung scheint von einem bewussten Wahrnehmen der Angst herzurühren – diese Bewusstwerdung spiegelt sich in der stärkeren Vernetzung von Mandelkern und Cortex wider.“ Herkömmliche Therapien zielten stattdessen oft auf eine Unterdrückung der Angst. „Wahrnehmen und annehmen, diese Weisheit der Meditation kann therapeutisch wirken.“ Hölzels Studie ist die erste, die Patienten unter kontrollierten Bedingungen zweier unterschiedlicherTherapien analysiert. Andere Untersuchungen ergaben schon zuvor, dass verschiedene Formen der Meditation Angst lindern – „in mittleren bis großen Effektstärken“, „Meditation ist damit ähnlich gut wie Psychotherapien und Tabletten.“


Aus der Meditationsforschung :

Wirkungen der Meditation 

Regelmäßige Meditation kann beruhigend wirken und wird deshalb zunehmend auch medizinisch als Entspannungstechnik empfohlen. Die Auswirkung des meditativen Zustandes ist neurologisch als Veränderung der Hirnwellen messbar. Der Herzfrequenz wird verlangsamt, die Atmung vertieft, Muskelspannungen reduziert.
Richard Davidson konnte 2004 bei tibetischen Mönchen größere Aktivitäten im linken Stirnhirnlappen und der Gammawellen (30-mal stärker), als bei einer Kontrollgruppe nachweisen. Ulrich Ott und Sara Lazar  belegten darüberhinaus morphologische Veränderungen.
Hirnareale kognitiver und emotionaler Prozesse und fürs 
Wohlbefinden zuständige Hirnareale, waren im Vergleich ausgeprägter und die Nervenzelldichte im orbitofrontalen Cortex war erhöht.

Viele Meditationsforscher meditieren selbst, um die geistige Praxis zu erfahren und selbst damit in Berührung zu kommen. Für Meditationsforscher ist es schwer, gewonnene Erkenntnisse dem Laien zu vermitteln, der nie meditiert hat.
Es gäbe einiges zu neuesten Befunden zur kognitiven Verfassung von Meditationspraktikern zu berichten. Sara Lazar, Neurowissenschaftlerin an der Harvard Medical School in Boston, bemerkte im Jahr 2005, dass die sich normalerweise abbauende Hirnrinde, bei erfahrenen Praktikern stabil blieb. Die graue Substanz bleibt stabil. Daten an insgesamt 54 Meditierenden und Vergleichspersonen zeigen, dass die Nervenbahnen, die entfernte Hirnregionen untereinander vernetzen (weisse Substanz) und im Alter normalerweise schwinden, bei erfahrenen Meditierenden auch weiterhin stark ausgebaut ist. Dies wurde mittels Diffusionsbildgebung beobachtet, bei welcher erfasst wird, wie sich das Wasser in den Nervenfasern bewegt. (Vernetzungskarte des Gehirns).
Forscher um die Neurowissenschaftlerin Sara van Leeuwen von der Universität Frankfurt hatten schon 2009 beschrieben, dass ältere Meditierende, junge Studenten in einem Aufmerksamkeitstest ohne grosse Anstrengung übertrafen. Auf einem Bildschirm erschienen in schneller Reihenfolge Buchstaben. Dazwischen tauchte eine Zahl auf und kurz darauf eine zweite Zahl. Die Probanden sollten beide erfassen. Doch meistens übersahen sie die Zweite, weil das Gehirn noch von der Ersten in Beschlag genommen war. Meditierende bewältigten die Aufgabe jedoch hervorragend, wie van Leeuwen im Journal „Consciousness and Cognition“ schrieb. 
Aus welchem Grund regelmäßige geistige Übungen derart heilsam wirken und vor Altersprozessen schützten, wissen die Forscher jedoch nicht genau. „Es gibt viele offene Fragen und die Aktivierung der Hirnareale alleine erklärt letztlich noch nicht viel“, räumt einer der führenden deutschen Meditationsforscher, Ulrich Ott von der Universität Gießen, ein. „Im Moment ist Meditation so etwas wie ein Breitbandantibiotikum.“ Es wirkt sich günstig auf viele Leiden aus. Die Zukunft wird spezifischen Meditationsformen gehören, glaubt Ott – bei Angsterkrankungen eine andere Übung als bei chronischen Schmerzen.

Meditation bei Schmerzen


Meditation vermag Schmerzen zu lindern.
Meditationstechniken, die einen objektiven Geisteszustand hervorbringen, der wahrnimmt, können auch bei der Schmerzbekämpfung helfen. Der Schmerz wird zwar bewusster wahrgenommen, jedoch ist er weniger  intensiv. Während sie im Hirnscanner meditierten, wurden den Probanden schmerzhafte Hitzereize am Arm gesetzt. Danach sollten die Probanden auf einer Skala bewerten, wie schmerzhaft es war. Sie bewerteten die Reize als weniger schlimm als eine Kontrollgruppe. Dabei zeigten ihre Gehirne erhöhte Aktivität in den Schmerzzentren des Gehirns. Außerdem maßen die Forscher dort, und in der Amygdala, vor dem Einsetzen des Schmerzreizes eine verminderte Grundaktivität. Bei regelmäßig meditierenden war dieser Effekt umso stärker. Zugleich zeigten die meditationsgewöhnten Gehirne eine schnellere Anpassung an den Schmerzreiz, ihre Reaktion auf den Schmerzreiz war wesentlich geringer. Es gibt viele Möglichkeiten, wenn schon nicht den Schmerz selbst, wenigstens die Schmerzempfindung zu lindern. Die Meditation hat den Vorteil, jederzeit und überall zur Verfügung zustehen.
Auch einige Philosophen befassen sich zunehmend mit der Meditation. „Ich verstehe nicht, wie die Philosophie des Geistes dieses Thema jahrzehntelang ausblenden konnte“, sagt der Mainzer Philosoph Thomas Metzinger. Um das Phänomen Bewusstsein besser zu verstehen, erwartet er eine klarere Beschreibung von Meditierenden, durch ihre Fähigkeit stabile und reproduzierbare mentale Zustände hervorrufen zu können.Und er ist überzeugt, dass Meditation selbständiger und freier im Kopf macht: „Meditation erhöht die geistige Autonomie.“

Tim Gard, Psychologe an der Harvard Medical School in Boston, verpasste Achtsamkeitsmeditierenden elektrische Reize, als würde ihnen mit einer scharfen Nadel in den Unterarm gestochen. In gleicher Weise traktierte er Vergleichspersonen. Die Meditierenden empfanden deutlich weniger Schmerz und reagierten auch weniger ängstlich auf die wiederkehrenden Reize.
Zugleich beobachtete Gard im Magnetresonanztomographen, dass die Region, die für das menschliche Bewusstsein maßgeblich verantwortlich ist, und zugleich Wahrnehmungen aus allen Körperregionen erfasst, wesentlich stärker durchblutet ist. 
Die Ergebnisse der Meditationsforschung bieten neue Ansatzpunkte für Behandlungen und neue Sichtweisen auf Erkrankungen. „Es ist oft gar nicht der ursächliche Schmerz, der das größte Leiden verursacht, sondern damit einhergehende Verhaltens- und Gedankenmuster“, erklärt Schmidt. „Etwa, dass sich Menschen mit andauernden Rückenschmerzen zurückziehen und sozial isolieren. Dann wird die Pein schlimmer.“ Das Ankämpfen gegen den Schmerz, ein Verhärten des gesamten Körpers, kann diesen ebenso verstärken. Dass der Schmerz ein Ruf des Körpers nach Zuwendung ist und erträglicher werden kann, wenn man ihm Aufmerksamkeit schenkt, lehrt nun die Forschung mit Meditierenden.

Meditation und Gefühlswelt/Gedankenwelt


Durch Beobachtung ihrer Gefühle und Gedanken, lernen Meditierende lernen eigene Denk- und Verhaltensmuster zu analysieren. Eine Mischung aus Achtsamkeitsmeditation und Gruppenpsychotherapie, die so genannte Mindfulness-Based Cognitive Therapy (MBCT), bewahrte ehemals Depressive vor einem Rückfall.
„Gewöhnlich erleben 60 bis 70 Prozent erneut eine Depression“. Der Grund ist, dass „sie beim kleinsten Stressereignis denken: ‚Oh nein, jetzt geht das schon wieder los‘.“ Dies verursacht Stress und ruft die nächste depressive Episode hervor. Letztlich machen also die eigenen Gedanken krank.
Die achtsamkeitsbasierte Behandlung macht auf diesen Zusammenhang aufmerksam und hilft, Gedankengänge wirksam zu durchbrechen. Die Teilnehmer lernen, Gedanken als Besucher wahrzunehmen – Besucher, die kommen, aber auch wieder gehen. In sechs Studien konnten damit die Rückfallraten nahezu halbiert werden.
Forschen über Meditation ist wie Forschen über den Placebo-Effekt, ein Erkunden der Geisteswirkung auf das Wohlergehen. Die Mentalkraft ist in dieser Hinsicht enorm ausschlaggebend. Selbst Kriegsveteranen mit posttraumatischer Belastungsstörung, die unter Depressionen und Schlaflosigkeit litten, konnten Forscher um David Kearney von der University of Washington School of Medicine zur Teilnahme an einem zwölfwöchigen Kurs in Mitgefühlsmeditation bewegen. Darin wird gezielt Mitgefühl und Wertschätzung gegenüber sich selbst und Mitmenschen entwickelt. Ein Viertel der Veteranen sprang im Laufe der Zeit ab. Die übrigen Teilnehmer konnten ihre posttraumatischen Belastungen deutlich bessern. Sie schliefen ruhiger und fühlten sich vitaler.